Die Eröffnung des Frankfurter Kunstgeschichtlichen Instituts im 1. Weltkrieg

Kunstchronik 26.1914/15, S. 87/88 

Kurz nachdem im Jahr 1914 die Gründung der Frankfurter Universität als erste Stiftungsuniversität der Neuzeit erfolgt war, folgte die Einrichtung eines neuen Kunstgeschichtlichen Instituts. Allerdings war das Vorhaben, ein neues Seminar einzurichten, nicht unumstritten vonstattengegangen, da konservative Kräfte vermuteten, dass Frankfurt neben den altehrwürdigen Instituten in Marburg und Gießen nicht konkurrieren könnte. Auch die Finanzierung war ungesichert. 
Nur ein kleiner Beitrag unter „Vermischtes“ in der Kunstchronik 26.1914/15,6 berichtet über die Etablierung des Kunstgeschichtlichen Instituts in Frankfurt. Überschattet vom 1. Weltkrieg wurde die neue Einrichtung ohne großen Pomp eröffnet. In der kleinen Note manifestiert sich dennoch eine selbstbewusste Haltung für das Fach Kunstgeschichte als selbständige Wissenschaft. Der Standort Frankfurt mit der reichen Museumslandschaft, den zahlreichen Bibliotheken und dem vielfältigen Kulturangebot wurde von der Öffentlichkeit bereits damals als ideale Voraussetzung für ein derartiges Unternehmen gepriesen. 
Die ersten Jahrzehnte ließen durch die beiden Weltkriege allerdings nur wenig Spielraum für den Aufbau des kunsthistorischen Seminars. Immerhin konnte man zunächst auf die Bibliothek und Diathek sowie die Fotosammlung des Städels zurückgreifen, da das Institut in den ersten Jahren innerhalb des Museums am Mainkai untergebracht war. Die räumliche Loslösung zugunsten eines Standortes im Bereich der Universität begann 1938, vorangetrieben vom damaligen Leiter des Instituts Prof. Albert Erich Brinckmann. 

Rudolf Kautzsch – erster Lehrstuhlinhaber der Kunstgeschichte in Frankfurt

Unbekannter Fotograf
Rudolf Kautzsch, o.J.

Frankfurt, Bildstelle Kunstgeschichtliches Institut

Rudolf Kautzsch war der erste Lehrstuhlinhaber am neu gegründeten Institut und ein prominenter Kunsthistoriker seiner Zeit. Vorausgegangen waren Lehrtätigkeiten in Halle, Darmstadt und Breslau. In Frankfurt leitete er die Geschicke bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1930. Im Wintersemester 1915/16 wurde er zum Dekan der philosophischen Fakultät ernannt. 
Besonders bekannt sind seine Publikationen zu den spätantiken Kapitellen, der Buchkunst des Mittelalters und zu den großen Kaiserdomen am Rhein. Sein Interesse für die Kunst am Mittel- und Oberrhein forcierte einerseits die bis heute gepflegte Mittelrheinforschung am Institut, war aber andererseits auch politisch motiviert durch die Debatte um die Stellung der deutschen Kunst im Verhältnis zur französischen. Durch die Gründung des „Wissenschaftlichen Instituts der Elsass-Lothringer im Reich“ an der Frankfurter Universität erhielt Kautzsch zusätzliche Unterstützung, für sein Anliegen, die Bedeutung der deutschen Kultur hervorzuheben. 
Trotz der politisch und wirtschaftlich schweren Zeiten versuchte Kautzsch den Bestand an Literatur, Dias und Fotos für das Seminar mit Verve zu erweitern, um so die Frankfurter kunstgeschichtliche Lehre zu stärken. Sein besonderes Steckenpferd galt der Pflege und dem Aufbau der Gipsabgusssammlung. 

 Nah am Objekt – das Kunstgeschichtliche Institut zieht ins Städel 

Plan für den Erweiterungsneubau des Staedelsches Kunstinstituts Frankfurt a.M. 1920
Frankfurt, Städel

Es gibt bisher kaum Zeugnisse über den ersten Sitz des Kunsthistorischen Seminars. In einem Grundriss für den Erweiterungsbau des Städelschen Kunstinstituts von Franz von Hoven und Franz Herberer aus dem Jahre 1920 finden wir jedoch die Räumlichkeiten im rechten Flügel des alten Hauptgebäudes eingezeichnet. In dem Plan sind ein großer Seminarraum, ein Dozentenzimmer mit Vorzimmer und eine Dependance der Städelbibliothek zu sehen. Diese Handbibliothek sowie die gesamte Bibliothek, Diathek und Fotosammlung des Städels standen den Studierenden der Kunstgeschichte zur Verfügung. Vor allem aber war es die Nähe zu den Originalen, die den Standort des Instituts innerhalb des Museums auszeichnete. Auch andere Institute wie z.B. in Hamburg oder Wien waren zuvor dieser Praxis gefolgt. 
Die unmittelbare Auseinandersetzung mit dem Original wird auch heute noch bevorzugt und geschätzt, denn keine Reproduktion kann die authentische und emotionale Direktheit ersetzen. Jede Kopie oder Nachbildung eines Kunstwerks bewirkt hingegen, durch ihre technische Umsetzung bedingt, eine veränderte Sinneswahrnehmung. 
Obwohl die Ausrichtung hinsichtlich des Standortes zugunsten der universitären Einrichtungen immer stärker wurde und so schließlich zum Auszug des Instituts führte, blieb die enge Verbindung zum Städel bestehen. Viele Professoren zeigten noch in den 60er und 70er Jahren mit ihrem festen Arbeitsplatz in der Städelbibliothek Präsenz. Heute ist ein Teil (ca. 13 000 Titel) der Städelbibliothek in der Kunstbibliothek der Universität aufgestellt. Seit 2008 gibt es mit Prof. Dr. Jochen Sander, dem stellvertretenden Direktor des Städel Museums, eine Kooperationsprofessur mit der Universität.