Gipse in der Frankfurter Dominikanerkirche
Zur Sammlung nachantiker Gipsabgüsse des Kunsthistorischen Instituts
Unbekannter Fotograf, Ansicht der Aufstellung nachantiker Gipsabgüsse
in der ehem. Dominikanerkirche Frankfurt, Schwarz-Weiß-Fotografie,
o. J., Frankfurt, Institut für Stadtgeschichte, Akte 494, Blatt 1
Den Lehrmitteln des Kunstgeschichtlichen Instituts ist auch die Gipsabgusssammlung nachantiker Plastik zuzuordnen. Diese gehörte ursprünglich zum Bestand des Städelschen Kunstinstituts, bis sie 1909 an die Stadt Frankfurt verkauft wurde. Nach einigen Überlegungen, wo die Gipse ausgestellt werden könnten, schloss die Stadt mit der frisch gegründeten Universität einen Vertrag über die Verwaltung und Verwahrung der Gipsabgusssammlung. Dabei wurde die Sammlung auf zwei Institute verteilt: die Abgüsse der antiken Skulpturen gingen an das Archäologische, die nachantiken Gipse an das Kunstgeschichtliche Institut. Während das Archäologische Institut im Hauptgebäude der Universität einen Ort für die Ausstellung der Gipsabgüsse recht schnell fand, mussten die Repliken der nachantiken Plastik länger gelagert werden, bevor sie 1929 in der Dominikanerkirche für das Publikum zugänglich gemacht werden konnten. Dank Rudolf Kautzsch, dem ersten Lehrstuhlinhaber (1915-1930) am Kunstgeschichtlichen Institut, war die Sammlung zwischenzeitlich gewachsen: 1919 umfasste diese 357 Objekte, 1928 war sie auf 1.042 Gipse angewachsen. In dieser Zeit wurden besonders die Nachbildungen von Skulpturen des deutschen Mittelalters eingekauft, wie z.B. die der Naumburger Stifterfiguren. Die hier abgebildete Schwarz-Weiß Fotografie zeigt, dass die Gipse in der Dominikanerkirche anscheinend nach Ländern gruppiert wurden, denn im Vordergrund ist u.a. der Moses von Michelangelo zu erkennen. Im Chor und im Langhaus davor lassen sich Gipsabgüsse der Skulpturen aus dem deutschsprachigen Raum ausmachen wie z.B. die Figuren aus dem Straßburger Münster.
Sinkendes Schiff? Gipsabgüsse in der kunstgeschichtlichen Lehre
Albert Erch Brinckmann, Brief an das Universitätskuratorium, 6. Oktober 1938,
Frankfurt, Institut für Stadtgeschichte, Akte 494, Blatt 21
Hatte man noch in den 1920er Jahren die Gipsabgüsse als wertvolle Lehrmittel geschätzt, zeigten die beiden Nachfolger von Rudolf Kautzsch, Hans Jantzen (1931-1935) und Albert Erich Brinckmann (1935-1946), kein Interesse an der Sammlung. A. E. Brinckmann betonte in seinem Brief vom 6.10.1938 an das Universitätskuratorium die Wichtigkeit von Exkursionen für das Studium an Originalen, die viel „wertvoller für den Studierenden als Gipse“ seien. Wegen der Dreiteilung der Zuständigkeiten –Eigentümerin der Sammlung war die Stadt Frankfurt, die wissenschaftliche Leitung oblag dem Kunstgeschichtlichen Institut, technisch wurde sie vom Stadthistorischen Museum Frankfurt verwaltet –, fühlte sich schließlich keiner mehr für die Gipsabgüsse in der Dominikanerkirche zuständig. Die Sammlung wurde in den 1930er Jahren weder erweitert noch gepflegt und befand sich in einem verstaubten und schlechtgeordneten Zustand, wie aus einem Brief von A. E. Brinckmann an das Kuratorium vom 3. August 1938 hervorgeht.
Das "Danaergeschenk" wird im zweiten Weltkrieg zerstört
Unbekannter Verfasser, Mitteilung des Rechnungsprüfungsamtes an das Kulturamt, Frankfurt a. M., 11. August 1944, Frankfurt, Institut für Stadtgeschichte, Akte 494, Blatt 117
Ende der 1930er Jahre plante die Stadtverwaltung, die Sammlung der Gipsabgüsse der Universität zu schenken. Da aber vonseiten des Kunstgeschichtlichen Instituts kein Interesse mehr daran bestand – nach Brinckmann wäre es ein „Danaergeschenk“ gewesen (Brief an das Kuratorium vom 6.10.1938) –, ging diese 1939 komplett in den Besitz der Stadt über. Die Überlegungen, die Sammlung in anderen Räumen zu präsentieren, und der Versuch, diese der Bildhauerklasse der Städelschule in Obhut zu geben, ließen sich nicht realisieren. Beim Luftangriff der Alliierten am 18. März 1944 wurde auch die Dominikanerkirche beschädigt und dabei die Sammlung nachantiker Plastik komplett zerstört wie die knappe Mitteilung des Rechnungsprüfungsamtes an das Kulturamt deutlich macht.
Rudolf Kautzsch - Der erste Lehrstuhlinhaber des
Kunstgeschichlichen Seminars in Frankfurt
Unbekannter Fotograf, Rudolf Kautzsch, Schwarz-Weiß-Fotografie,
o. J., Frankfurt a. M., Kunstgeschichtliches Institut
Rudolf Kautzsch (5.12. 1868 Leipzig - 25.4.1945 Berlin) studierte Kunstgeschichte in Halle, Freiburg und Berlin sowie in Leipzig, wo er 1894 promovierte. Seine Habilitation 1896 über Die Holzschnitte der Kölner Bibel von 1479 beendete er 1896 in Halle. Nach seinem Studium leitete er das Buchgewerbemuseum in Leipzig, bevor er 1903 den Ruf zum außerordentlichen Professor der Kunstgeschichte an die Technische Hochschule in Darmstadt annahm. Es folgten 1911 die Universität Breslau und 1915 Frankfurt am Main, hier wurde er zum ersten Lehrstuhlinhaber (1915-1930 ordentlicher Professor für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte in Frankfurt a. M.) des frisch gegründeten Kunstgeschichtlichen Seminars ernannt, das seine Räume zu dieser Zeit im Südflügel der Städelschen Kunstsammlungen hatte.
Rudolf Kautzsch setzte sich für das Institut engagiert ein und bemühte sich immer wieder um Mittel für Exkursionen, die Bibliothek und die Diathek. Auch die Gipsabgussammlung wurde unter seiner Leitung erweitert und 1929 in der ehemaligen Dominikanerkirche ausgestellt. Sein Forschungsschwerpunkt lag auf der Kunst des Mittelalters an Ober- und Mittelrhein. Sein wissenschaftliches Interesse am Thema war auch politisch motiviert und wurde von dem 1921 gegründeten Frankfurter Wissenschaftlichen Institut der Elsass-Lothringer im Reich gefördert.
Rudolf Kautzsch lehrte in Frankfurt bis zu seiner Emeritierung 1930. Sein Nachfolger war Hans Jantzen, der 1931 seine Tätigkeit in Frankfurt aufnahm.
Starr oder elastisch? Zu Herstellungsverfahren der Gipsabgüsse, Teil I
Starre Stückformen, Archäologische Sammlung, Institut für
Archäologische Wissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt
Die Geschichte des Gipsabgusses ist ebenso lang wie komplex. Während man ihn im 18. Jahrhundert zunächst vorwiegend im privaten Besitz findet, etabliert er sich im 19. Jahrhundert im Zuge einer klassizistisch-idealistischen Auffassung als pädagogisches Objekt, anhand dessen in Abstinenz zum Original gelehrt und gelernt werden soll. Museen und Galerien, aber auch universitäre Institute bemühen sich im Zuge dieses Wandels um den Aufbau eigener Gipsabgusssammlungen. Erweiterte Reisemöglichkeiten, die den Besuch der Originalwerke erlaubten, und vor allem die mühsame Instandhaltung des empfindlichen Gipsmaterials stigmatisieren den Gipsabguss im Laufe des 20. Jahrhunderts schließlich als ausgedientes Relikt einer vergangenen, noch immobilen Wissenschaft. Dass viele Gipsabgusssammlungen im Verlauf des Zweiten Weltkrieges zerstört, beschädigt oder – etwa aus Platzmangel – aufgelöst wurden, schien zunächst verschmerzbar zu sein. Gerade in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt sich jedoch u.a. durch die Aufarbeitung von Sammlungs- oder Institutsgeschichten wieder ein vermehrtes Interesse an Gipsabgüssen. „Als einziges objektives Reproduktionsmittel“, erlebt die Wissenschaft nun eine „Renaissance des Gipsabgusses und der Abgusstechnik“ (Frank 2001). Offenbart sich doch darin das Potenzial, zerstörte und beschädigte oder schwer zugängliche Originale durch noch erhaltene Abgüsse für die Lehre zu instrumentalisieren. Die in diesem Zuge wieder wachsenden Gipsabgusssammlungen, darunter auch die Archäologische Abguss-sammlung der Goethe-Universität, werden dabei auch zu Orten, in denen das Reproduktionsverfahren als solches thematisiert und anhand von den Objekten erklärt werden kann.
Die hier gezeigten Abbildungen (siehe auch nächstes Objekt) zeigen exemplarisch die zwei unterschiedlichen Formen der Herstellung von Gipsabgüssen. Diese können entweder mit starren Stückformen oder elastischen Schalenformen durchgeführt werden. Starre Stückformen sind aus Gips und in der Handhabung recht aufwendig, denn die Form des Originals (Negativ) wird nicht in einem Stück, sondern in mehreren Teilen abgenommen. Alle Teilformen werden anschließend zusammengesetzt und mit einer Mantelform, die alle Formen an Ort und Stelle halten, überzogen.
Starr oder elastisch? Zu Herstellungsverfahren der Gipsabgüsse, Teil II
Elastische Schalenform, Archäologische Sammlung, Institut für
Archäologische Wissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt
Anders als die starren Stückformen werden elastische Schalenformen aus Leim, Gelatine und Silikon produziert, die dann ebenfalls von einem Gipsmantel gestützt werden. Der Vorteil dieser Technik besteht darin, dass die Biegsamkeit und Weichheit dieser Materialien den vergleichsweise einfachen Abguss des Originals erlauben. Während die starren Stückformen zwar aufwendiger in ihrer Herstellung sind, bieten sie aber bei korrekter Lagerung eine längere Haltbarkeit als die elastischen Schalenformen.
Literatur:
Frank, Matthias: Der Gipsabguss. Vom Medium der ästhetischen Norm zur toten Konserve der Kunstgeschichte, in: Andrea M. Kluxen (Hrsg.): Ästhetische Probleme der Plastik im 19. und 20. Jahrhundert, Schriftenreihe der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, Bd. 9, Nürnberg 2001, S. 47–72.
o.A.: Die Herstellung von Gipsabgüssen, URL: http://www.abguss-sammlung-berlin.de/index.php/die-sammlung/ueber-uns/abgussherstellung (13.08.20).
Der Zweck heiligt die Mittel
Wie der abgesägte Sappho-Kopf den Bombenangriff 1944 überlebte.
Sappho-Kopf, Abguss eines weiblichen Kopfes, ursprünglich von der Statue einer Aphrodite (?), sogenannte ‚Sappho‘ / ‚Oxford Bust‘ Oxford, Ashmolean Museum, Inv. Nr. 94 (Büste), Fundort unbekannt, 1755 aus der Sammlung Pomfret, ursprünglich wohl in der Sammlung Arundel, Material des Originals: Marmor, Höhe des Kopfes: 31 cm, Datierung: Kaiserzeitliche römische Kopie eines verlorenen griechischen Originals der Zeit um 430 v. Chr.
Gips 1937 für 20 RM erworben, Vorkriegsbestand, alte Inv. Nr. 562, Gipsmaße: 34 x 20 x 30 cm, Archäologische Sammlung, Institut für Archäologische Wissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt, Inv. Nr.: A174
Der sogenannte Sappho-Kopf der Frankfurter Archäologischen Sammlung ist eines der letzten Zeugnisse der ursprünglichen Universitätssammlung aus den 1920er Jahren (siehe auch die beiden nächsten Objekte). Während viele Abgüsse der Sammlung bei einem Bombenangriff 1944 zerstört wurden, blieb der Sappho-Kopf trotz des Bombardements unbeschädigt. Mittlerweile ist der 1937 von Ernst Langlotz für die Sammlung des Instituts für Archäologische Wissenschaften erworbene Gipskopf eher grau als weiß und trägt Beschädigungen an Stirn und Kinn. Über den intensiven Gebrauch des Kopfes in der universitären Forschung weist der Umstand hin, dass Kopf und Sockel nicht mehr fest miteinander verbunden sind. Die eindeutig sichtbare Schnittkante entstand aus einem Forschungsinteresse heraus: Um herauszufinden, ob der Kopf Teil einer antiken Skulpturengruppe war, wurde er zum Transport und zur Überprüfung dieser These kurzweg von seinem Sockel abgesägt und mit auf eine Dienstreise genommen.
Jüngling aus Adrano
Abguss einer Bronzestatuette, sogenannter ‚Jüngling aus Adrano‘, in Syrakus, Museo Archeologico Nazionale, Inv. Nr. 31888, Fundort Adrano, Material des Originals: Bronze, Höhe 19,5 cm, Datierung des Originals: Um 460 v. Chr.
Gips am 12.4.1923 erworben für 22 Lire bei Paolo Orsi über Walther Amelung, Vorkriegsbestand, alte Inv. 383. Beim Gipsabguss fehlen rezent der Kopf, der rechte Unterarm und Hand, der linke Arm und Hand ab Mitte Oberarm, Kerbe am rechten Schienbein (die originale Bronzestatuette ist vollständig erhalten).
Archäologische Sammlung, Institut für Archäologische Wissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt, Inv. Nr.: A188
Peploskore
Abguss einer Statuette einer Frau im Peplos, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Skulpturensammlung, Inv. Hm 62, Fundort unbekannt, 1914 aus Privatbesitz erworben, Material des Originals: Marmor, Höhe 26 cm, Datierung des Originals: Um 420 v. Chr.
Gips zwischen 1938 und 1940 in Dresden zum Preis von 10,70 RM für die Frankfurter Sammlung erworben, Vorkriegsbestand, alte Inv. Nr. 567.
Archäologische Sammlung, Institut für Archäologische Wissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt, Inv. Nr.: A201
Auch die beiden kleinformatigen Gipsabgüsse (der sog. Jüngling aus Adrano und die Peploskore) sind Teil der ursprünglichen Abgusssammlung des Instituts für Archäologische Wissenschaften. Gemeinsam mit dem sog. Sappho-Kopf sind die drei Abgüsse Zeugnisse der Geschichte des universitären Sammelns von Gipsabgüssen und ihrem Gebrauch. Anders als die 1944 vollständig zerstörte kunsthistorische Gipsabgusssammlung, wurde die der Archäologen wieder aufgebaut und wird auch gegenwärtig noch erweitert. Sie spielt in der universitären Lehre heute eine bedeutende Rolle, etwa beim Erlernen und Einüben von Stilkritik und -analyse.
Literatur zu den drei Abgüssen:
Langgartner, Anna: Ein Sappho-Kopf, von der Geschichte gezeichnet, URL: http://sammlungen.uni-frankfurt.de/objekt/28/sappho-kopf/ (13.08.20).
Mandel, Ursula: Die Abgußsammlung des Städelschen Kunstinstitutes und ihre Erweiterung als Sammlung des Archäologischen Instituts der Universität, in: Marlene Herfort-Koch; Ursula Mandel; Ulrich Schädler (Hrsg.): Begegnungen. Frankfurt und die Antike, Frankfurt am Main 1994, S. 231–252.
Rabe, Britta: Verkauft, verschenkt, zerstört. Vergessen? Die Frankfurter Abguss-Sammlung(en). Versuch einer Rekonstruktion, in: Tagungsband Destroy the Copy II, im Druck.
Widerwillen nach Frankfurt: Albert Erich Brinckmann, 1935-1946 Ordentlicher Professor für mittlere und neuere Kunstgeschichte in Frankfurt
Unbekannter Fotograf, Albert Erich Brinckmann, Schwarz-Weiß-Fotografie,
o. J., Frankfurt a. M., Kunstgeschichtliches Institut
Albert Erich Brinckmann (4.8.1881 Norderney - 10.8.1957 Köln) studierte Kunstgeschichte und Klassische Archäologie in München und Berlin. Er promovierte 1905 über die Entwicklungsreihe eines Darstellungselementes, fünf Jahre später folgte die Habilitation an der Technischen Hochschule über den Städtebau der Renaissance. 1912 erhielt er seinen ersten Ruf an die Technische Hochschule Karlsruhe. In den nachfolgenden Jahren baute er als Gründungsordinarius die kunstgeschichtlichen Institute in Rostock (1919) und in Köln (1921) auf. 1931 wurde er nach Berlin an die Friedrich-Wilhelms-Universität berufen. Der Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte war zu der Zeit eine der angesehensten in Deutschland und Brinckmann war auf dem Zenit seiner Karriere. Sein unfreiwilliger Wechsel nach Frankfurt 1935 war das Ergebnis eines „Ringtauschs“, der vom Kultus-minister Bernhard Rust initiiert worden war: Hans Jantzen, der von 1931 an Professor am Frankfurter Kunstgeschichtlichen Institut und seit 1933 Prorektor der Universität und Dekan der philosophischen Fakultät war, wurde 1935 der Nachfolger Wilhelm Pinders an der Universität München. Pinder war nach Berlin berufen worden, wo Brinckmann für ihn seine Stelle verlassen musste und nach Frankfurt versetzt wurde. Sowohl die Motive dieses „Ringtausches“ als auch alle daran beteiligten Drahtzieher sind bis heute nicht endgültig geklärt und benannt.
Brinckmann war einer der bekanntesten Kunsthistoriker seiner Zeit, auch international: Er war Mitglied zahlreicher kunsthistorischer Verbände und ein begehrter Vortragsgast, der häufig ins Ausland eingeladen wurde. Schwerpunkt seiner Forschungen war die Kunstgeschichte des 16.–18. Jahrhunderts in Deutschland, Italien und Frankreich, die er in seinen Lehrveranstaltungen häufig mit vergleichendem Ansatz behandelte. Es ging ihm dabei weniger darum, die Einflüsse französischer und italienischer auf die deutsche Kunst herauszuarbeiten, sondern mehr – und das stand ganz im nationalistischen Geist der Zeit – die Leistungen der deutschen Kunst gegenüber den anderen zu präsentieren.
Kunst geht vor - Brinckmann und die Exkursionen in den Kriegsjahren, Teil I
Albert Erich Brinckmann, Schreiben an den Reichminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 15. Juli 1942, Frankfurt a. M., Kunstgeschichtliches Institut
Albert Erich Brinckmann war seit 1933 Mitglied der NSDAP sowie international gut vernetzt. Dies mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass er relativ lange in den Kriegsjahren ins Ausland reisen konnte. Exkursionen fanden durch die Kriegseinflüsse nur zur lokalen Kunst statt, allerdings erstaunlich zahlreich. In seiner Reaktion auf den Erlass W A 1650 (b) vom 30. Juni 1942, der die Lehrausflüge verbietet, betont er die Wichtigkeit der Anschauung von Baukunst an Originalen, „da heute die Museumsstücke durchweg der Besichtigung und dem Studium entzogen sind“. Der Grund des Verbots wird von Brinckmann nicht erwähnt, nur die Datierung weist darauf hin, dass durch den Krieg die Exkursionen nicht mehr durchführbar waren.
Kunst geht vor - Brinckmann und die Exkursionen in den Kriegsjahren, Teil II
Albert Erich Brinckmann, Abrechnung über die Exkursionen nach Bamberg und Würzburg, 4. April 1944, Frankfurt a. M., Universitätsarchiv, UAF Abt. 50, Nr. 1581 Bl. 64r.
Erst in einer Abrechnung vom 4. April, schreibt Brinckmann, dass ein Teil der Studierenden an der Exkursion nach Bamberg wegen der Luftangriffe auf Frankfurt nicht teilnehmen konnte.
Kunst geht vor - Brinckmann und die Exkursionen in den Kriegsjahren, Teil III
Albert Erich Brinckmann, Abrechnung über die Exkursionen nach Straßburg und Schlettstadt, 1. August 1944, Frankfurt a. M., Universitätsarchiv, UAF Abt. 50, Nr. 1581 Bl. 76
Seinen letzten Lehrausflug machte Brinckmann noch im Jahr 1944 nach Straßburg und Schlettstadt (heute Sélestat).
Das Ende der Ära Brinckmann 1945/46
Albert Erich Brinckmann, Schreiben über die Kriegsschäden an das Kuratorium der Universität Frankfurt a. M., 7. Juli 1945, Frankfurt a. M., Universitätsarchiv, UAF Abt. 50, Nr. 1581 Bl. 76
Das Kunstgeschichtliche Institut hat das Kriegsende nicht unbeschadet überstanden, das lässt sich in dem Schreiben vom 7. Juli 1945 von Brinckmann an das Kuratorium der Universität nachlesen, in dem er von der Beschädigung der Bibliotheken und dem Verlust der halben Diathek berichtet. Trotz allem „genügt das vorhandene Material, um Vorlesungen und Uebungen einwandfrei zu halten.“ Das Kriegsende bedeutete auch das Ende der Lehrtätigkeit Brinckmanns: Das Spruchkammerverfahren stufte ihn als „nicht belastet“ ein, er wurde aber trotzdem 1946 entlassen. Neben Alfred Stange und Wilhelm Pinder gehört Brinckmann zu den drei Kunsthistorikern, die nach 1945 ihre Lehrtätigkeit an der Universität nicht wieder aufnehmen durften.